Pariser Leben

Jacques Offenbach
27.05.2000 | Schillertheater NRW Gelsenkirchen

MUSIKALISCHE LEITUNG: Samuel Bächli
REGIE: Gabriele Rech
BÜHNE + KOSTÜME: Nicola Reichert
CARL-ALEXANDER-GUSTAV VON YTTRATORP: Erin Caves
BRITT-MARI VON YTTRATORP-GULLASKRUV: Ilse Hirschner
BOBINET: Florian Simson
METELLA: Eva Tamulénas
FRICK: Arthur Friesen
GABRIELE: Elise Kaufmann
FRANÇOIS: Dan Karlström
EIN JÜNGERER HERR: Dario H. Pangrazi

Presse

Pariser Leben 28.05.2000 – Der Opernfreund
…Zwar leben wir in einer Spassgesellschaft, doch haben wir eigentlich nichts zu lachen. Darunter leidet auch die Opernbühne. … Da gibt es meist nur die Wahl zwischen einfältigem Karneval und infantilem Kunstgewerbe. .. Dankenswerter Weise bildet die Gelsenkirchener Produktion von „Pariser Leben“ hier eine Ausnahme. Offenbach wird wieder seh – und hörenswert. …

Bühnenbildnerin Nicola Reichert hat einen Nebensteig des Gare de l´Quest auf die Bühne gestellt, der derart von bröckelndem Charme, rostiger Heimeligkeit und wonniger Öde durchsetzt ist, das es eine Freude ist. Durch nur wenige perspektivische Umstellungen gestaltet sie im zweiten Teil Bobinets Absteige in geradezu hinreißende Lagerromantik. … Ein exemplarischer Offenbachabend, nach langen Jahren der Entbehrung ein absolutes Muss für alle Offenbachfreunde – hoffentlich der Beginn einer Renaissance des Genres!

Peter Bilsing

Pariser Leben 29.05.2000 – Buersche Zeitung
… Die Botschaft der erstaunlich detailgenauen, in unserem Jahrhundert spielenden Inszenierung lässt sich mit dem Philosophen Ernst Bloch zitieren: “Man weiß zu gut, die Menschen wollen betrogen werden.“ Das ist authentischer Offenbach.

Gabriele Rech betrügt gar ihr Publikum um Paris – Klischees. Der Maskenball im Cafe Anglais spielt in einer üblen Absteige. Der Blick durch bleiche Scheiben auf die Dächer von Paris wirkt alles andere als romantisch. Ausstatterin Nicola Reichert hat das alles hinreißend schmuddelig arrangiert. …

Bernd Aulich

Pariser Leben 29.05.2000 – Ruhr
Regisseurin Gabriele Rech, Dirigent Samuel Bächli und Dramaturg Norbert Klein haben zusammen mit der Bühnenbildnerin Nicola Reichert ein Feuerwerk aus Scherz, Satire und Ironie entfacht, das das Publikum von einem Lachanfall in den nächsten treibt. ..

Pariser Leben 31.05.2000 – Westfälische Rundschau Dortmund
Par„Pariser Leben“ oder „Paris erleben“ so die Devise auf dem Vorhang zu einem bissigen Theaterabend, der bekannte Klischees auf die Schippe nimmt und dessen Premiere stürmisch gefeiert wurde.

Listig vertauscht das Regieteam die Parameter: Es geht ihnen weniger um Paris – Klischees als vielmehr um die Vorurteile, die den Deutschen bis heute weltweit begegnen. Es rauschen kein Tüll oder Brokat, noch weniger Samt und Seide. .. Diese neue Gelsenkirchener Version vermittelt aber keine Sekunde das Gefühl, Offenbach werde vergewaltigt. …

Michael-Georg Müller

Pariser Leben 11.06.2000 – Sonntagsnachrichten Herne
„Ein anregendes Operettenvergnügen aus heutiger Sicht“ hatten Samuel Bächli, der musikalische Leiter und das Regieteam versprochen.

Sie sollten Recht behalten: … An diesem Gesamtkunstwerk waren nicht nur exzellente Sängerdarsteller und die geniale Ausstatterin Nicola Reichert beteiligt, …

vom Poker – Idyll in Norwegerpullovern im nordischen Puppenheim über einen punkigen Sprayer im Pariser Gare de l´Quest bis hin zum Schuhplattler a la bavaroise inszeniert Gabriele Rech zum Brüllen komisches Vaudeville.

Pitt Herrmann

Pariser Leben – Der Opernfreund
Ein exemplarischer Offenbach-Abend, ein absolutes Muss für alle Offenbach-Freunde … Mit dieser grandiosen Arbeit schließen Rech und ihr Team fast nahtlos an Hilsdorfs begnadeten „Blaubart“ im selben Haus an.

P. Bilsing

Pariser Leben – NRZ
In eine hintergründige bukolische Komödie verwandeln das kongeniale Regieteam Rech / Bächli diesen Offenbach-Schlager.

M.-G. Müller

Pariser Leben – Buersche Zeitung
Im Großen Haus des Musiktheaters verlangt die Regisseurin Sängern tollste szenische Eskapaden ab. Und das klappt zur Gaudi des Publikums prächtig.

B. Aulich

Pariser Leben – Ruhr Nachrichten
Das Team, das mit der Oper „Gefährliche Liebschaften“ für Furore sorgte, hat mit einer ungemein witzigen Inszenierung von „Pariser Leben“ wieder ein Glanzlicht aufgesetzt.

Dickel

Pariser Leben – www.omm.de
Schwedische Übertitel und viele weitere eingeblendete Kommentare beim „Pariser Leben“ in Gelsenkirchen

Eine gelungene Premiere der überarbeiteten Fassung von Jacques Offenbachs Operette „Pariser Leben“ konnte das Musiktheater in Gelsenkirchen am 27.05.00 feiern!

Samuel Bächli, der u.a. Offenbachs Operette in Gelsenkirchen neu inszenierte beschreibt den Aussagekern dieses Stückes am Besten selbst:

„Es geht um Verliebte, Verheiratete, die von der Hoffnung beseelt sind, dass sich in ihrem Privatleben etwas ändert. Diese – wir ahnen es schon- unerfüllbare und dennoch abendfüllende Hoffnung äußert sich in zweierlei Wunschträumen:

  1. dem Traum von der weiten Reise, die viel Geld kostet (früher fuhr man dafür nach Paris),
  2. dem Traum vom Ehebruch und/oder einer neuen Beziehung („Beim nächsten Mann wird alles anders“)…
    „Pariser Leben“ ist ein auswegloses und dadurch komisches Werk, erfreulicherweise wird dem Zuschauer sowohl eine allgemeine Läuterung gegen Ende erspart als auch eine „gütige“ oder „weise“ Figur, die über den Dingen steht. Alle durchschauen alles, sofern es sie nicht selbst betrifft.“

Nach ihrer abendlichen, sehr andächtigen Pokerrunde steht nach dem „platzen“ des Sparschweins der Reise von Baron Carl-Alexander-Gustav von Yttratorp (gesungen von der raumfüllenden Stimme des Tenors Erin Caves) und seiner Frau, der Baronin Britt-Mari von Yttratorp (Ilse Hirschner, die mit einem sehr schönen Sopran überzeugte), nichts mehr im Wege, und, ohne dass sie sich versehen, finden sie sich auf dem Pariser Bahnhof Gare de l ‚Ouest wieder.

Dort begegnen sie Bobinet, einem Pariser Lebemann, gesungen von Florian Simson, der gerade von seiner Frau Metella (Eva Tamulenas) gehörnt, nun auf „Frauenfang“ geht, um sich an seiner Angetrauten zu rächen. So kauft er kurzerhand dem Touristenführer Francois, gespielt von dem jungen Tenor Dan Karlström, der auch in der Gestalt der Kellnerin sehr überzeugte, die beiden Schweden ab, und sieht sich schon zusammen mit der Baronin am Ziel seiner Träume.

Jeder der im Theater anwesenden Parisliebhaber und „Falk-Plan“ hätte nun im folgenden sein Vergnügen gehabt, hätte er seinen Stadtplan zur Hand gehabt, denn die Sehenswürdigkeiten, die das Ehepaar zu besichtigen gedachte, wurden auf der Leinwand über der Bühne mit korrekter Rasternummer projiziert. Auch die französischen, schwedischen und deutschen (Fremd-) Wörter oder Gastronomiebegriffe wurden hier erläutert, oder wissen sie, wo „Kirgisien“ liegt oder wie man korrekt „Ma voila“ (wie der Baron zu sagen pflegte) übersetzt? Nämlich: „Mich hier ist!“ (leider sind die Übertitel in Gelsenkirchen vom 2. Rang aus immer noch nur zum Teil lesbar. Ein Armutszeugnis!).

Der erste Akt endet, es wird umgebaut und auf dem roten Samtvorhang wird lässt uns in leuchtenden Buchstaben die Zukunft vorausahnen: „Pariser Leben“ oder „Paris erleben“?!

Dann: im Grand-Hotel, oder eigentlich in Bobinets und Metellas Wohnung, die mit Hilfe der deutschen Handwerker Gabriele und Frick (Arthur Friesen) erst in ein Hotel verwandelt werden soll. Gabriele (wunderbar gespielt und gesungen von Elise Kaufman, die wirklich ein großes „komisches“ Talent hat), beklagt sich hierbei über die Ungeschicklichkeit ihres Mannes, denn „…schon seit 22 Jahren schnarcht er laut und hat mir jede Nacht versaut,….schon seit 22 Jahren schweigt er still und hört nur das, was er will….!“ (Nicht nur diese Szene wurde, nicht nur von den anwesenden Frauen, mit großem Gelächter bedacht).

Bobinet schafft es nun seine zwei Gäste in verschiedenen Zimmern seines „Hotels“ unterzubringen und lädt zum Abendessen (table d’ote) ein. Vor allem bei den folgenden Szenen konnte nun der Chor von seinem Können überzeugen: als deutsche Handwerker, die als französische Aristokraten (in Dirndl und Lederhose, wie sich das für einen echten Franzosen gehört) verkleidet sind, feiern sie ein Fest, das schon fast zum mitmachen einlud. Trotz Gabrieles Schuhplattlertanz und ihren Jodelkünsten verfällt der Baron nicht ihr, obwohl sie sich sichtlich bemühte, sondern Metellas Reizen und auch Bobinet und die Baronin kommen sich etwas näher. Dieser Akt endet nun sehr „orgiastisch“ und auf dem roten Vorhang ist folgendes zu lesen: „Pariser“ – ob sie wohl die restlichen Buchstaben vergessen haben?!

Der nächste Akt beginnt mit dem „Trio de rouglements“, dem Schnarchterzett (gesungen von Simson, Karlström und Caves), einer Welturaufführung wie uns die Leinwand ankündigt. Die letzten Alkoholleichen werden per Einkaufswagen von der Bühne geschoben (ich persönlich hätte am liebsten eine Packung Aspirin auf die Bühne geworfen, so schrecklich litten die Verkaterten) und Gabriele erhält einen Brief von einem Eheinstitut, der ihr den Besuch ihres neuen „Lebensglückes“ ankündigt, leider entpuppt sich dieser als ihr Mann Frick.

Auch Bobinet und die Baronin und Metella und der Baron wollen sich, wie Bobinet so schön sagte, ihre „Briefmarkensammlung“ zeigen, aber, Franzosen und Schweden passen doch wohl nicht so recht zusammen. Zu den Klängen aus Mozarts „Cosi fan tutte“ beschließt das schwedische Ehepaar abzureisen. Der Chor beendet diese Aufführung mit dem Satz, den sich unsere Protagonisten wohl ebenfalls denken: „Nichts war mit dem Pariser Leben!“

Was allerdings war, war eine gelungene Premiere in der es neben der guten musikalischen Ausführung auch viel zu lachen gab; dies lag vor allem an den wunderbar schauspielernden Sängern und der guten Arbeit von Samuel Bächli, Gabriele Rech und Norbert Klein. Auch die relativ kleine Orchesterbesetzung der Neuen Philharmonie Westfalen trugen zu einer sehenswerten Aufführung bei.

FAZIT
Vielleicht wird dem ein oder anderen etwas zu viel „Pariser Leben“ nach Gelsenkirchen gebracht worden sein, aber ich denke diese Inszenierung trifft nicht nur mit den Kostümen den Puls der Zeit und ist für die vielleicht manchmal etwas zu biederen Aufführungen ein Vorbild.

Von Susanne Klein