Herzogin von Chicago

Emmerich Kalman
28.02.2009 | Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

MUSIKALISCHE LEITUNG: Till Drömann
REGIE: Gabriele Rech
BÜHNE: Dirk Becker
KOSTÜME: Reneé Listerdal
DRAMATURGIE: Wolfgang Willschek
SALOME: Anna-Katharina Behnke
HERODES: Wolfgang Neumann
HERODIAS: Susan Mclean
JOCHANAAN: Thomasz Konieczny

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Wiederbelebung der Operette? – www.Opernetz.de
Rückblick auf die letzten Spielzeiten bundesdeutscher Opernhäuser: da gab es in schöner Regelmäßigkeit – Operetten!! Erblüht dieses Genre zu neuem Leben? Der Eindruck jedenfalls drängt sich auf. Renommierte Regisseurinnen und Regisseure stellen Franz Lehàr auf die Bühne, widmen sich Emmerich Kálmán… so wie Gabriele Rech zuletzt im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen. Gemeinsam mit Dramaturg Wolfgang Willaschek beantwortet sie die opernnetz-Backstage-Fragen.

opernnetz: Neben Zustimmung signalisierte das Premierenpublikum der Inszenierung Die Herzogin von Chicago auch Unverständnis, ja Ratlosigkeit. Ein Teil des Publikums hat offenbar „museale“ Operette erwartet, die Sie nicht geliefert haben. Was hat Sie bewogen, Kálmáns Herzogin von Chicago zu inszenieren? Und: was haben Sie mit dem Stück gemacht?

Gabriele Rech: Ehrliche Antwort: Es hat mich begeistert, eingenommen, berührt – als ein total toller, kreativer, provokativer, herrlicher Versuch von Kálmán und seinen beiden Autoren, der Operette um 1928 in gleich mehreren Spannungsfeldern zu neuer Wirkung zu verhelfen. Ein Musikkrieg voller Lust und Hintersinn, Eros und Kraft. Mit meinem Team – dem Dramaturgen Wolfgang Willaschek, dem Dirigenten Till Drömann, dem Bühnenbildner Dirk Becker, der Kostümbildnerin Renée Listerdal, der Choreographin Kati Farkas – haben wir da von Anfang an mit und an einem kleinen „Gesamtkunstwerk“, wie es uns die Autoren vorgeben, gearbeitet. Absolut entscheidend für alles Weitere war die Bearbeitung durch Wolfgang Willaschek, der durch seine Texte in Absprache mit mir bereits die Vorgabe gemacht hat, welche Schwerpunkte und welche Erzählweise wir wählen würden. Die Ideen kamen dann aus dem Stück, ganz logisch, ganz sinnbildlich, ganz unterhaltsam „aufklärend“: das Orchester als „Protagonist“ auf die Bühne setzen lassen, die Zusammenfassung in einem Zirkusrund anpeilen, eine Vergegenwärtigung versuchen, aber keine platte Modernisierung des Textes, vor allem eine Spurensicherung in Sachen „Operette“ wagen, ohne dass dies rhetorisch oder gar pädagogisch gerät, dadurch missraten würde. Das ergab, Spur für Spur, eine Art „Traumtheater“, in dem wir Sinnliches und Sinnbilder stets zusammen fügen konnte, mit einem wunderbaren Ensemble, dass unserer akribischen Suche nach „Operette SEIN und Operette SPIELEN“ lustvoll folgte. Das muss ich ja immer wieder neu erzählen, verkünden: Sängerinnen und Sänger lassen sich Gott sei Dank zu nichts zwingen. Ein Regisseur ist kein „Vorgeber“, sondern ein „Erwecker“ und „Mitgeher“. Das waren in diesem Fall besonders tolle Erfahrungen: Nach einer gewissen Zeit ergab sich vieles wie von selbst, weil die Darsteller vorgaben und erweckten. Da musste und durfte ich dann mitgehen. Was das Publikum dann sah oder eben nicht sehen wollte und konnte, müssen sie das Publikum fragen. Und ich habe viele Menschen getroffen, die sich begeistert auf diese sinnlich-sinnbildliche Art bei der Herzogin einließen: Das ist auch ihr Theater, machen sie es mit, gehen sie mit, auch wenn es zunächst Verwunderung beim ihnen hervorruft. Es gab auch andere, die sagten: Wir können der Sache nicht immer folgen, aber wir lassen uns da reinziehen. Auch welche, die sich nicht reinziehen lassen wollten. So haben wir aber im Team, im Haus, im Ensemble gemerkt, was Operette heute kann, nicht „noch“ oder „wieder“ kann, sondern erst recht kann: Totales Musiktheater sein, das wach rüttelt und Menschen auf lustvolle und amüsierende Art und Weise zwingt, sich Spiegelbilder der eigenen Wirklichkeit zuzumuten.

opernnetz: Das Land des Lächelns, Die Czardasfürstin, Der Vetter aus Dingsda… in den letzten zwei, drei Spielzeiten wurden im deutschsprachigen Raum bemerkenswert häufig Operetten auf die Bühne gebracht. Teilen Sie diese Beobachtung? Kann es sein, dass die Operette zurück ist aus der Mottenkiste? Oder ist sie nur ein wieder entdecktes Spielfeld für das Regiefach?

Gabriele Rech: Ehrlich gesagt: Für mich ist dann Operette als die kleine Oper zugleich die feine Oper, bei der ein genauer Blick „hinein“ lohnt. Als Regisseurin muss ich mich ja gerade NICHT mit einem Auf und Ab von Rezeptionsgeschichten aufhalten oder beschäftigen, ich muss einem Stück auf den Zahn fühlen, und dies hat in diesem Fall besondere Freude gemacht und mir einen neuen Horizont eröffnet. Aber eben nicht als typische Operette oder gar „jetzt weiß ich als Regisseurin, wie man Operette inszeniert“. Aber ich weiß jetzt viel besser, wie ernst man die Operette als die „andere“ Oper nehmen kann und muss. Und da gibt es sicherlich in den letzten Jahren viele Macher und Darsteller, die das feststellen und dem Genre zu neuer Beachtung durch andere Betrachtung verhelfen. Vielleicht ist man auch unbelasteter, sich heute nicht gleich mit Haut und Haar auf die Rezeptionsgeschichte dieser Kunstgattung einlassen zu müssen: ob goldene oder silberne Operette, ob Mottenkiste oder „Flotte Kiste“, ob Wirtschaftswunderjahre und Operettenfilme, ob Varietetradition oder Kriegshintergründe, ob Johannes Heesters-Revival oder das Weiße Rössl auf der Reeperbahn. Operette ist vieles, weil „sie“ vieles kann, auch im Stil von „Off-Theater“ und „ganz von unten her“. Die Operette gibt viel her, eben nicht allein als leichtes Genre, sondern als hintersinniges Genre. Und ein bisschen habe ich durch die Arbeit an der Herzogin schon einen Faible für die „Zwischenreichoperetten“ um 1930 bekommen, sei es eben Kálmán oder Abraham oder Künnecke, also Operetten, die einst zugleich kühne Kunstexperimente waren, um raus zu kommen aus dem Schubladendenken, die dem Jazz, der Revue, dem Kabarett Avancen machten und heute machen im Zeitalter der Shows und Events Da gibt es vieles zu entdecken, glaube ich, da muss man eher die Kiste aufmachen und herrliche Schmetterlinge raus fliegen lassen anstelle von Motten.

opernnetz: Geben Sie uns Ihre Einschätzung: Schlummert im Genre Operette ein kritisches künstlerisches Potenzial – gerade in einem gesellschaftlichen Kontext, der gekennzeichnet ist durch zunehmende soziale Spannungen?

Gabriele Rech: Klar, klar, klar, aber allein die Frage klingt mir schon zu rhetorisch, um sie akademisch oder didaktisch zu beantworten. Kritik in der Komödie oder eben in der Operette ist ja per se von hohem Potential, weil da das Lachen als Waffe eingesetzt wird: nicht um plumpe Banalitäten zu erzeugen, sondern um dem Sinn und Unsinn unseres Lebens durch feine Ironie auf die Spur zu kommen. Nehmen sie die Herzogin: Liebes- und Leibeskampf als Kulturstreit, Liebesstreit als Kulturkampf. Wenn das kein gesellschaftlicher Kontext ist und wenn die herrlichen Erfindungen in Sylvarien nicht wunderbare „soziale Spannungen“ wiederspiegeln – was denn sonst, aber eben auf subtile, ironische, sehr anspielungsreiche Art und Weise. Und da donnert es in der Operette zuweilen gewaltig, von „Schlummern“ ist da wenig die Rede. Aber das kritische Potential und die soziale Spannung muss man eben in dem Stück selbst entdecken, es dem dortigen herrlichen Netzwerk aus Geschichte, Wort, Bild, Ton und Gestus entnehmen, dann neu spiegeln. Zumindest mir macht das Spaß. So haben wir das als Team mit der Herzogin von Chicago in Gelsenkirchen am MiR auch versucht: Sinnlichkeiten als Spiegelbilder. Und plötzlich gab es wunderbare Proben, auf denen dann die Darsteller selbst zwischen Rollenspiel und Ich-Sein dieses sozial-menschliche Potential entdeckten, auch mit dem, was da an Schärfe dahintersteckt, wenn es um die eigene Person geht. Das haben sie sich dann erspielt und ausgespielt. Und vielleicht war es auch – so schließt sich der Fragen- und Antwortenkreis nach meinen Erfahrungen – diese Schärfe im Bezug auf das eigene Ich, das da mitten im Singen und Tanzen aufbricht, warum einige Zuschauer verstört waren, weil das viel zu tun hatte mit ihren eigenen Verstörungen, die man nicht immer gerne und gleich wahrhaben will. Zu solcher störenden Kraft zwischen Verstörung und Identität ist die Operette ganz klar fähig. Das habe ich in der Arbeit als wunderbares Potential empfunden.

(Die Fragen stellte opernnetz-Redakteur Christoph Schulte im Walde)

Kálmán: Die Herzogin von Chicago – Michael Struck-Schloen

Premiere am 28. Februar 2009. Musikalische Leitung: Till Drömann, Inszenierung: Gabriele Rech, Bühne: Dirk Becker, Kostüme: Renée Listerdal. Solisten: Lars Rühl (Sándor Boris), Majken Bjerno (Miss Mary Lloyd), E. Mark Murphy (Bondy), Alfia Kamalova (Rosemarie), Rüdiger Frank (Theaterdirektor Tihanyi) u. a.

Eigentlich ist es der ideale Stoff, um noch heute das komplexe Verhältnis zwischen den USA und Europa unterhaltsam aufzuspießen: die Polarität von ökonomischer und kultureller Potenz, von hochmütiger Moderne und liebevoll mumifizierter Tradition. Emmerich Kálmán war jedenfalls mit seiner Operette «Die Herzogin von Chicago» am Puls der Zeit: Bei der Wiener Premiere im Jahr 1928 hatte sich die Wirtschaft der Kriegsverlierer Österreich und Deutschland erholt, man schielte nach amerikanischer Technik und Lebensart, vor allem nach amerikanischem Geld. Jazz und Tanzmusik, die Krenek, Hindemith und d’Albert etwa gleichzeitig in die Oper einführten, wurden in der «Herzogin» zur Gegenwelt des guten alten Kakanien aufgebaut, deren Verlust der «sylvarische» Erbprinz Sándor Boris zusammen mit dem Bankrott seines Landes larmoyant beklagt. Doch aus der fernen und «neuen» Welt erscheint eine Miss Mary Lloyd, die reich genug ist, den Operettenstaat finanziell zu sanieren (wofür man sie zur Herzogin von Chicago adelt), aber dafür vom Erbprinzen eher verachtet als geliebt wird. Das Hochzeits-Happy-End darf schließlich nicht real, sondern nur im Film stattfinden.

Wie in den meisten Operetten-Handlungen bleibt der Clash der Kulturen auch im Libretto von Brammer und Grünwald ein Problem der Oberschicht, die selbst aus der Krise noch ein Fest macht. Um den genretypischen Peinlichkeiten zu entgehen und dennoch die schönen musikalischen Einfälle des Werks zu retten («Ein kleiner Slowfox mit Mary», «Rose der Prärie» etc.), wird beim Revival der «Herzogin» am Musiktheater im Revier das Genre selbst thematisiert. In der Neufassung vom Dramaturgen Wolfgang Willaschek und der Regisseurin Gabriele Rech kommen die Figuren aus einer Traumwelt über einen Grammophon-Plattenteller auf die Bühne. Aus dem «Grill Americain», einer Budapester Bar, wird das «Große Theater» mit seinem kleinwüchsigen Prinzipal, den der Schauspieler Rüdiger Frank komisch und selbstverliebt gibt. Er führt wortreich Personen ein, knüpft Fäden, lässt die Musiker der gut aufgelegten Neuen Philharmonie Westfalen (Leitung: Till Drömann) auf der Bühne ihre Instrumente vorführen und schickt zu Sándors Marschlied eine Gruppe straffer Buben und Mädels auf die Bühne, die Europas zweiten Abstieg in die Katastrophe ahnen lassen.

So werden jede Arie und jedes Ensemble an den Marionettenfäden der Rahmenhandlung herbeigeführt. Man geht auf Distanz, bedient aber doch die Einzelnum¬mern mit Witz, knallbunter Revue-Ausstattung und gekonnten Tanzschritten. Am Ende freilich wandern Mary und Sándor nicht auf die Leinwand, sondern werden mit dem übrigen Personal allmählich ausgeblendet und von der Bühne komplimentiert, während der Theaterdirektor einen Song von Tom Waits zum Besten gibt. Statt großem Finale ein kleiner melancholischer Abgesang, der wieder in die Traumsphäre zurückführt, aus der die Handlung kam. Da heutige Opernhäuser nicht mehr über das speziell ausgebildete Ensemble für die Tanzoperette verfügen, muss man Kompromisse machen. Der Spagat zwischen Show und rührender Komödie, parlierender Leichtigkeit und Schicksal gelang in Gelsenkirchen den meisten Sängern: Lars Rühl zog als Erbprinz Sándor die Register des versiert-tenoralen Casanovas, Alfia Kamalova war eine reizend lispelnde, wunderbar singende Prinzessin Rosemarie und E. Mark Murphy ein beweglicher, sympathischer Bondy.

Michael Struck-Schloen

Die Operette lebt – Christoph Schulte im Walde
Mit einer Operette will Tihanyi, der Direktor des Großen Theaters sein Haus aufmöbeln und ihm neuen Schwung geben. Was ist zu tun? Ein großes Casting wird terminiert. Aus dem Zuschauerraum des Musiktheaters im Revier strömen die Freiwilligen herbei. Jeder möchte gern einmal den Operettenprinzen spielen und auch für die Rolle der forschen amerikanischen Millionärstochter Miss Mary Lloyd findet sich schnell eine Bewerberin. So kann das Spiel ja eigentlich losgehen: Emmerich Kálmáns Herzogin von Chicago soll es sein, ein selten gespieltes Stück, in dem es um den Gegensatz von Moderne und Tradition, altem Europa und neuer Welt geht. Die Proben werden immer wieder unterbrochen und vom Theaterdirektor kommentiert.

Ziemlich schnell wird klar: hier wird exemplarisch hinterfragt, wie es um sie steht, um die Gattung Operette. Ist sie überhaupt noch zeitgemäß? Oder hat das Saxofon die schluchzenden Geigen und ihre Walzerklänge längst verdrängt? Dirk Becker baut einen Theaterraum mit Clubatmosphäre: vor schwarz ausgeschlagenen Wänden sitzt das Orchester in Stufen entlang einer veritablen Showtreppe, während im Vordergrund eine Drehbühne (der Plattenteller eines alten Grammophons) den Handlungsmittelpunkt bildet. Auf diesem Szenario erörtert Regisseurin Gabriele Rech diese Frage auf eine überaus unterhaltsame Art und Weise. Dabei spielt sie mit Operettenklischees, natürlich.

So werden Militärmärsche vom trommelnden Kinderchor interpretiert und mit eiligst herangeschafften Blumengirlanden geschmückt. Der Wildwest-Schlager „Rose der Prärie“ wird zu einem köstlich-erotischen Rodeo-Ritt auf einem künstlich-mechanischem Plüschbullen. Rech nimmt gleichzeitig aber auch den Theaterbetrieb aufs Korn: die Schwierigkeiten der Geldbeschaffung, Lücken im Kostümfundus und vieles mehr. Auch ein Wortgefecht im Orchester macht sich breit, wer denn eigentlich das wichtigste Instrument spielt. Herrlich auch, wie sich die Sänger der Hauptrollen in ihren Muttersprachen vorstellen. Vielschichtige Aspekte bringt Rech so in ihre Inszenierung ein (natürlich auch ein paar aktuelle Anspielungen auf die Finanz- und Wirtschaftskrise), verliert aber nie das Bühnengeschehen aus den Augen.

Jede einzelne Figur (in nie knallbunten, dennoch Akzente setzenden Kostümen von Renée Listerdal) hat ihre Aufgabe. Dabei entwickeln sich immer wieder einmal kleine Szenen, die jedoch nicht vom Hauptgeschehen ablenken. Und das gesamte Gelsenkirchener Ensemble entwickelt einen ungeheuren Spaß an Spiel und Bewegung. Der Opernchor enthüllt nicht nur stimmliche, sondern in der Choreografie von Kati Farkas auch enorme tänzerische Fähigkeiten. Ein toller Einfall ist die Einbindung des Standard-Tanzpaares Sandra Wissmann und Sven Reichelt, die alle Akteure zu Walzerschritten animieren, aber auch durch ihre eleganten Solo-Darbietungen für Ruhepunkte zwischen den Szenen sorgen. Wunderbar besetzt sind bereits die kleineren Rollen, hervorzuheben hier Wolf-Rüdiger Klimt als urkomisches Theaterfaktotum Kompoty und William Saetre und Piotr Prochera als Geheimagenten Dividendowitsch und Provisionow. Alfia Kamalova als Harfe spielende, lispelnde Rosemarie und E. Mark Murphy als Mr. Bondy geben ein herrliches Paar, das mit frischen, sicheren Stimmen und gekonnten Tanzeinlagen für heitere Momente sorgt. Lars Rühls Tenor ist wie geschaffen für den Operettenprinzen: ausgeglichen, mit gutem Fundament, exakt erreichten Höhen und schönem Timbre gibt er den Amerika-Hasser Sándor.

Ein kleiner Kritikpunkt betrifft Majken Bjerno als Mary. Sie verfügt fraglos über eine große Stimme. Das hat sie in Gelsenkirchen schon auf das Feinste als Aida bewiesen. Für die auch auf Wortwitz aufbauende Kálmán-Operette jedoch mangelt es ihr leider erheblich an Textverständlichkeit. Daran sollte unbedingt gearbeitet werden. Die Neue Philharmonie Westfalen unter Till Drömann ist eine hervorragende Partnerin für einen hervorragenden Theaterabend. Feuriger Czárdás und swingender Charleston sind die Würze für sehnsuchtsvolle Operetten-Romantik. Großen Beifall spendete das gut mitgehende Premierenpublikum. Einige irritierte Buhs gingen schlichtweg unter. Doch war den Liebespaaren ein Happy End verwehrt. Frustriert packten die Orchestermusiker ihre Instrumente ein und verließen wie in Joseph Haydns „Abschiedssinfonie“ die Bühne mitten im Spiel. Am Schluss bot der Theaterdirektor, der gallig-bös agierende Rüdiger Frank, mit Blues-Röhre den Abgesang auf die Operette: Tom Waits’ „San Diego Serenade“.

Das war’s dann wohl. Oder doch nicht so ganz? Wie heißt es da doch: „I never saw the morning, till I turned off the light“. Dass die Operette nicht tot ist, haben Gabriele Rech und ihre Teams auf und hinter der Bühne eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Christoph Schulte im Walde