Cosi fan tutte
Wolfgang Amadeus Mozart
03.04.2005 | Theater Dortmund
MUSIKALISCHE LEITUNG: | Dirk Kaftan |
REGIE: | Gabriele Rech |
BÜHNE + KOSTÜM: | Nicola Reichert |
FIORDILIGI: | Stefan Krahnenfeld |
DORABELLA: | Karolina Gumos / Maria Hilmes |
GUGLIELMO: | Aris Argiris |
FERRANDO: | John Daniecki |
DESPINA: | Heike Daum |
DON ALFONSO: | Bart Driessen |
Presse
Eine in jeder Hinsicht gelungene Inszenierung 04.04.2004 – WAZ
Gabriele Rech ist keine Regisseurin, die Werke ohne Not auf den Kopf stellt. Sie modernisiert, moderat und intelligent. Für Mozarts ebenso erschreckend abgründiges wie ausgelassen – heiteres Intrigenspiel wählt sie die kühle Atmosphäre eines luftigen, durchgestylten Ferien – Penthouse: Ein Ambiente, in dem Boulevardstücke spielen könnten. …
Im zweiten Akt verwandelt sich das Feriendomizil in von Vorhängen abgetrennte Boudoirs. Am Ende ist nicht mehr so, wie es sein sollte, alle werden zu Verlieren….
Rech öffnet die Abgründe des Werkes.
Markus Bruderreck
Cosi fan tutte 04.04.2005 – Lüdenscheider Nachrichten
… Ausstatterin Nicola Reichert hat eine elegante Ferienanlage entworfen, hinter dem Pool erstreckt sich ein Glaskasten mit weiss möblierten Schlafzimmern. Dem Zweiakter wird aber nicht einfach ein Hochgalnzstyling verpasst, sondern Rech belauscht unter der schicken Oberfläche die gefühlten Befindlichkeiten, die oft quer stehen zur Situationskomik und zum Trubel. Das macht die Aktualität und die Melancholie des Werkes aus, das 1791 auf den ersten Blick bloß eine Mode bediente….
Rechs Personenführung spielt mit Rollenklischees an der Oberfläche, die Bewegungen münden immer wieder in eine Choreographie, in der die Figuren parallel agieren: Die Männer mit ihrem Imponiergehabe, Frauen die gackernd tratschen. Die gewohnten Muster der Zweisamkeit.
Küsse, Umarmungen. Erst die neuen Empfindungen lassen die Figuren heraustreten aus Gleichförmigkeit und Sicherheit. Die Individualität ist ein Schock, sie macht einsam, wütend, traurig.
Elisabeth Elling
Cosi fan tutte 04.04.2005 – Westfalenpost
Gabriele Rechs Inszenierung nimmt viele Impulse direkt aus der Musik auf und setzt sie in überzeugende Bilder um.
Stefan Keim
Cosi fan tutte 04.04.2005 – Westfälische Rundschau
…auch Gabriele Rech gelingt das in der Dortmunder Neuinszenierung mit viel Charme und Eleganz. Indes: nach dem feucht-fröhlichen Badespaß wird es ihr bitter ernst beim leichtfertigen Spiel mit den Gefühlen.
Besser hätte ein Hollywood – Melodram auch nicht enden können 08.04.2005 – Westfälische Nachrichten
Ferrando verlässt seine Dorabella, um mit der Verlobten des besten Freundes Guglielmo anzubandeln. Dieser will die schöne Fiordiligi aber so einfach nicht ziehen lassen und zieht die Pistole! Ein erstaunliches Ende!
Dabei fängt die Inszenierung ganz harmlos an.
Das Regieteam stellt den Wellness – Bereich eines Nobeletablissements auf die Bühne. Dort bespaßen sich die turtelnden Liebespaare in einem (echten) Pool….
Gabriele Rech inszeniert wie immer mit großer Übersicht und Detailgenauigkeit. Da wird kein Winkel auf der Bühne zur toten Ecke. Meisterhaft auch, wie sie das Problem der gleichzeitigen Entwicklung beim Verwirrspiel der Paare löst: Wo oftmals langweilige Symmetrie herrscht, gelingt es ihr, durch scheinbar gleiche und doch ungleiche Bilder eine Art von unsymmetrischer Symmetrie zu erzeugen. Und auch im zweiten Akt, sonst durchaus ein Problem dieser Oper, gibt es kaum Stillstand. Aus der gläsernen Wohlfühloase wird eine immer wieder neu farbig ausgeleuchtete Zimmerflut, in der sich hinter mal zugezogenen, mal offenen Vorhängen verschieden Figurenkonstellationen offenbaren. …
Dortmunds „Cosi“ profitiert auch entscheidend vom Dirigenten Dirk Kaftan. Die Dortmunder Philharmoniker spielen so licht, so leicht, so edernd. Sie runden den Einstand des Regieteams in Dortmund zu einem glatten Erfolg.
Ch. Schulte im Walde
Merkwürdig 11.04.2005 – NRZ
Die beiden Akte der Dortmunder „Cosi fan tutte“ fallen in dieser Inszenierung so weit auseinander als handelte es sich um zwei verschieden Stücke. Gabriele Rech, eine der großen Regiehoffnungen des Musiktheaters, beginnt die Vierecksgeschichte mit oberflächlichem Schicki – Micki – Klamauk. Dass sich Menschen hier psychisch demontieren und scheinbar feste Beziehungen auseinanderzubrechen drohen, davon ist zwischen Whirlpool und Designer – Bar den vier neureichen Smarties anderthalb Stunden erst mal nichts zu merken.
Aus der Sicht des zweiten Aktes wird dann aber deutlich, dass alles als spielerischer Treuetest gedacht war, um die Langeweile verwöhnter Wohlstandstristesse zu entgehen.
Nach der Pause nimmt das Spiel eine tragische, ja lebensbedrohliche Wendung, in der jeder jeden betrügt, am meisten aber sich selbst. Die Schwüre von Treue zerplatzen wie Seifenblasen, grenzenloses Vertrauen schlägt in Feindseligkeit um.
Faszinierend, wie genau Gabriele Rech Mozarts minutiös auskomponierten Erschütterungen und seelischen Fieberkurven nachspürt und an dem hohlen Happy – End nicht nur zweifelt, sondern es mit brutaler Klarheit deutlich macht, dass sich vier Brautleute nichts mehr zu sagen haben. Ob sie heiraten oder nicht: das Glück ist zerbrochen…
Eine überaus interessante Produktion, die den Zuschauer so plastisch verwirt wie Mozarts Wunderpartitur.
Pedro Obiera
Cosi fan tutte 21.04.2005 – Die Deutsche Bühne
…Guglielmo und Ferrando aalen sich am Swimmingpool. Das Bühnenbild von Nicola Reichert macht gleich zu Beginn klar: Die Dortmunder „Cosi fan tutte“ ist eine Geschichte von heute. In einem luxuriösen Hochhausappartement treffen sich die Liebespaare, die Damen gackern vergnügt und träumen vom Heiraten, die Jungs geben sich als Superkumpel und pinkeln in den Pool.
Das könnte eine banale Aktualisierung sein. Ist es aber nicht.
Regisseurin Gabriele Rech lässt die Sänger oft parallel die gleichen Bewegungen vollziehen. Die Bühne zeigt das Flair einer Vorabendserie, aber die Choreographie stellt die Klischees deutlich aus, zeigt allgemeine menschliche Verhaltensmuster, denen man schwer entkommen kann.
Genau darum geht es in „Cosi fan tutte“. Die Regie nimmt viele Impulse direkt aus der Musik und setzt sie in überzeugende Bilder um….
Die Dortmunder Inszenierung ist ein musikalisch wie szenisch überzeugender Opernabend, der diesem komischen wie komplexen Stück gerecht wird.
Stefan Keim
Cosi fan tutte 25.04.2005 – Opernnetz
…Das Inszenierungskonzept von Gabriele Rech sprüht vor der Energie und Witz der im Raume stehenden Entwicklungen.
Die beiden Damen sind ihren Männern naiv – bedingungslos ausgeliefert, erkennen die Geliebten in den Fremden trotz kaum vorhandener Verkleidung (ein neuer Anzug, ein wenig Haare, eine Rasur) nicht wieder und wehren sich energisch gegen alle Annäherungsversuche… Doch die Glut der Eifersucht zerstört am Ende jede Hoffnung auf ein Happy – End. Der Bruch mit dem Prinzip der Opera Buffa wird konsequent durchgezogen, die Tragik des Finales bewegt und überzeugt….
Das Dortmunder Publikum freut sich über diese rasante und abwechslungsreiche „Komödie“…
jan
Cosi fan tutte Juni 2005 – Opernwelt
… Gabriele Rech geht strengstens mit Don Alfonso ins Gericht. Der Vernunftglauben der Aufklärung allein vermag das Experiment des „alten Philosophen“ heute ohnehin nicht mehr zu legitimieren.
Die Regisseurin zeigt Alfonso als einen äußerlich zwar vitalen, in seiner sexuellen Manneswürde jedoch zutiefst zerrütteten Menschen, der nach Schuldigen sucht. Da hat Despina, durch Frustrationserlebnisse abgehärtet, ihr Leben ganz anders, nämlich pragmatisch im Griff….
Die Dortmunder Interpretation besticht durch kluge Beobachtung, feine Nuancierung, aber auch drastische Realistik, der Arbeit atmet in luftiger Eleganz, zu welcher nicht zuletzt die von Nicola Reichert erbaute schicke „Wellness“ – Halle beiträgt….
Der Dirigent Dirk Kaftan bringt Mozarts Musik zu kristallinem Leuchten… Die Sänger wirken beflügelnd intensiv….
Matthias Norquet